Bodenbewusstsein – Wahrnehmung, Geschichte und Initiativen
Wahrnehmung von Böden in der Öffentlichkeit und Initiativen zum Bodenbewusstsein. Auszüge aus dem Handbuch Bodenschutz.
Die Bedeutung der Böden für „das tägliche Brot“
Bodenbewusstsein – Wahrnehmung, Geschichte und Initiativen. Der umfassende Artikel wurde im Handbuch Bodenschutz (BoS 41 Lieferung VIII / 04) veröffentlicht. Autoren: Hans Willi Thoenes, Silvia Lazar, Sabine Huck, Günter Miehlich
Um was geht es?
Böden bilden eine zentrale Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen. Sie werden zum Anbau von Lebensmitteln und als Standorte für Verkehr und Siedlungen genutzt. Sie reinigen Wasser und dienen als Filter und Puffer gegenüber Schad- und Fremdstoffen. Sie speichern Niederschlagswasser und tragen zur Vermeidung von Überschwemmungen bei. Sie sind ein wertvolles Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie ein wesentlicher Bestandteil und Steuerungsfaktor im Naturhaushalt.
Trotz der Leistungen von Böden für Natur und Kultur ist das Bewusstsein über die Folgen von Bodenbelastungen und Bodenverbrauch in der Öffentlichkeit nur wenig präsent.
Die dritte Dimension bleibt verborgen
In vielen Fällen werden Böden auch schlichtweg als selbstverständlich vorhanden angenommen – als etwas, das schon immer da war, über das man noch nicht nachgedacht hat und das man bislang nicht – zumindest nicht bewusst – wahrgenommen hat. Die Selbstverständlichkeit und Nicht-Wahrnehmung des Bodens führt zur Gleichgültigkeit gegenüber Bodenabtrag, Schadstoffbelastungen oder Flächenverbrauch, weil die Konsequenzen der Bodennutzung nicht (bewusst) gesehen oder bereitwillig verdrängt werden.
Dass Boden als knappe Ressource zu werten ist, wird meist erst dann bewusst, wenn Boden als Baugrund betrachtet wird. Aber auch hier steht nicht Boden als eigenständiges Schutzgut mit seinen vielfältigen Regelungsfunktionen im Vordergrund, sondern die Betrachtung von Boden als Fläche. Die dritte Dimension der Bodenschicht, die als Lebensraum einen unverzichtbaren Bestandteil der Ökosysteme darstellt, bleibt unter der Oberfläche im Dunkeln verborgen.
Boden muss erfahrbar werden
Um wirkungsvoll Boden zu schützen, ist somit das Bewusstsein für Boden als wertvolles Gut zu stärken. Boden muss erfahrbar werden und die ästhetischen Seiten der Welt unter unseren Füßen sichtbar gemacht werden. „Nur wenn wir den Reichtum von Boden und dessen Rolle im Lebensalltag erkennen, können wir ihm Anerkennung zumessen und die eigene Verantwortung für die Entwicklung von Böden erkennen.“ [Bull / Robrecht 2000: 16]. Damit stellt sich die Frage, durch welche Maßnahmen Boden ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden kann.
Wichtig ist jeweils der Dreiklang von Wissen, Einstellungen und Verhalten. Übertragen auf den Themenbereich Boden ist entsprechend von Bodenwissen als Informiertheit über den Boden, Bodeneinstellungen in Bezug auf Emotionen, Werte und Handlungsbereitschaften sowie Bodenverhalten als tatsächliches Verhalten in Alltagssituationen auszugehen. Emotionen und Betroffenheit können hierbei sowohl durch den Verlust eines als wichtig erachteten Gutes ausgelöst werden als auch auf positiven Erfahrungen beruhen.
Initiativen zum Bodenbewusstsein
Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Aktivitäten, um das Bodenbewusstsein zu stärken. Hier sind nur einige genannt:
- Bodenaktionstage
- Bodenerlebnispfade und Reiseführer – Zu den Böden Deutschlands
- Bodenmuseum "UNTER WELTEN", Unterirdischer Zoo und weitere Ausstellungen
- Das Internet als Möglichkeit zur Verbesserung des Bodenbewusstseins
- Verschiedene Broschüren, z.B. "Ohne Boden bodenlos – eine Denkschrift zum Boden-Bewusstsein"
- Bodenschutzberichte der Länder und der Bundesregierung
Verschiedene Aktivitäten werden in einem Forschungsvorhaben des Umweltbundesamtes untersucht, um Erfahrungen weitergeben zu können.
Der Ausschuss Vorsorgender Bodenschutz (BOVA) der Bund/ Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) hat in 2019 eine Umfrage durchgeführt. Im Ergebnis liegt eine tabellarische Übersicht über die Aktivitäten in den Bundesländern zur Verbesserung des Bodenbewusstseins für den Zeitraum 2016-2018 vor. Die Ergebnisse werden in Kürze veröffentlicht.
Wertung von Böden durch die Gesellschaft und Berücksichtigung des Bodenschutzes im schulischen und außerschulischen Bildungsbereich in Deutschland
In dem Artikel setzt sich der Autor mit den Gründen für die mangelnde Wertschätzung des Bodens auseinander und zeigt Möglichkeiten auf, wie der Boden mehr ins Bewusstsein gerückt werden kann.
Ein wesentlicher Punkt wäre die verstärkte Berücksichtigung im Schulbereich. Auch wenn der Boden nicht verpflichtend in den Lehrplänen auftaucht, ist ein Einflechten in die verschiedensten Fächer problemlos möglich. Für die verschiedenen Altersgruppen und Schulformen werden erfolgversprechende Herangehensweisen vorgestellt und hervorgehoben, wie die jeweilige Altersgruppe am besten erreicht werden kann. Von besonderer Bedeutung ist die Aus- und Weiterbildung der Lehrer, aber auch das Vorhandensein geeigneter Unterrichtsmaterialien.
Auch im außerschulischen Bereich gibt es zahlreiche Initiativen, die sich bemühen, den Boden verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Neben zeitlich begrenzten Einzelaktionen sind vor allem Lehrpfade bei entsprechender Qualität durchaus geeignet, einen wesentlichen Beitrag zur boden- und bodenschutzbezogenen Bildungsarbeit zu leisten. Auch überregionale Veranstaltungen bieten zahlreiche Möglichkeiten, den Bodenschutzgedanken zu vermitteln.