Boden des Jahres 2020 - Tidalic Gleysol
Die Wattböden sind junge Böden, der sich im Übergangsbereich zwischen Land und Wasser unter dem Einfluss der Gezeiten bildet. Er kommt dabei in der Höhenstufe vor, die regelmäßig vom Tidenhochwasser überflutet wird, bei Niedrigwasser aber offen liegt. Der Bewuchs ist oft spärlich oder fehlt vollständig. Einige Pionierpflanzen können jedoch das Watt besiedeln. In der Internationalen Bodenklassifikation werden die Wattböden zu den Tidalic Gleysolen gezählt.
Die Entstehung der Wattböden
Durch die Kräfte von Wind, Wellen und dem strömenden Wasser lagern sich im Flachwasserbereich des Meeres und in den tidebeeinflussten Mündungen der Flüsse Sedimente ab. Diese können bei starken Strömungen wieder erodiert werden. Durch den normalen Tidenhub, der an der Nordseeküste über drei Meter beträgt, kommt es zu einer ständigen Verschiebung dieser Umlagerungszonen. Bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten während der Sturmfluten kann sich die Wattenlandschaft völlig neu formen. Durch die ständige Ablagerung und Umlagerung von frischen Sedimenten sind Wattböden sehr junge Bodenbildungen
Vorkommen von Wattböden
Wattgebiete gibt es auf allen Kontinenten und in allen Klimazonen. Sie sind weltweit an vielen Küsten anzutreffen, zum Beispiel an den Küsten Afrikas und Australiens sowie Nord- und Südamerikas, vor Bangladesch oder entlang der chinesischen Küste. In Mitteleuropa sind die Vorkommen der Watten weitgehend auf die Flachküsten der Nordsee von Dänemark, Deutschland, Holland und Belgien sowie auf den Südosten Englands beschränkt. Von den weltweit vorhandenen Wattgebieten ist das Watt an der südlichen Nordseeküste mit etwa 3.500 km² Fläche das größte zusammenhängende Wattgebiet. Das marine Watt hat mit Abstand die größten Flächenanteile, die Flächen des Flusswatts sind vergleichsweise klein. Flusswatten sind in Hamburg entlang des Elbeästuars auf die Bereiche beschränkt, an die bei Flut genügend Sediment herantransportiert wird und die im Einfluss der Gezeiten periodisch trockenfallen.
Eigenschaften der Wattböden
Während Sandwatten fest sind und betreten werden können, sind reine Schlickwatten weich bis breiig, so dass selbst Watvögel darin versinken. Die Besiedlung mit Muscheln, Würmern und anderen Tieren hängt neben der Festigkeit auch vom Gehalt an organischer Substanz ab. Dieser ist im Schlickwatt höher als im Sandwatt. Die regelmäßige Überflutung der Böden sorgt dafür, dass die Poren in den Wattböden weitestgehend mit Wasser gesättigt sind. Luftsauerstoff dringt daher nur wenige Millimeter (Schlickwatten) oder Zentimeter (Sandwatten) ein.
Entlang von Tiergängen und Wurzelbahnen kann bei Ebbe Sauerstoff allerdings mehrere Zentimeter tief vordringen. Auch Nitrat und Sulfat sorgen für bestimmte mikrobielle Oxidations- und Reduktionsprozesse.
Der Sauerstoffgradient und die Menge an sauerstoffzehrender organischer Substanz steuern das Redoxpotential und damit die innerhalb der Wattböden ablaufenden Prozesse: Eisenoxid wird in den reduzierten Zonen gelöst und kann dort zusammen mit Schwefel als schwarzes Eisensulfid ausgefällt werden. In der oxidierten, rostfarbenen Zone werden zweiwertige Eisen-Ionen zu Eisenoxid ausgefällt. Die Farbe der Wattböden wird von diesen Vorgängen bestimmt.
Nutzung der Wattböden
Aufgrund von periodischen Überflutungen, ständigen Sedimentumlagerungen und Wellenbelastungen eignen sich Watten als Vorrangflächen für den Natur- und Artenschutz. Sie bieten als Grenzbereich zwischen Land und Wasser für viele seltene und häufig stark spezialisierte Pflanzen und Tiere eine ökologische Nische und damit einen Lebensraum. Ein großer Teil der Watten ist durch Menschen nicht direkt nutzbar und bleibt für größere Zeitspannen sich selbst überlassen.
Gefährdung der Wattböden
Aufgrund ihrer Entstehung im Gezeiteneinflussbereich sind Veränderungen der Bodenzusammensetzung ein Ergebnis natürlicher Vorgänge und Teil ihres besonderen Bodencharakters. Der Lebensraum Watt als Ganzes kann aber durch wasserbauliche und Küstenschutzmaßnahmen gefährdet werden. Auch Nährstoff- und Schadstoffeinleitungen, Tourismus sowie der Meeresspiegelanstieg infolge des Klimawandels können die ökologische Funktion dieser Böden beeinträchtigen.
Schutz und Regeneration von Wattböden
Die meisten Flächen, in denen Wattböden vorkommen, sind als Naturschutzgebiet oder Nationalpark vor direkten Eingriffen geschützt. Als junge Böden sind Wattböden vergleichsweise schnell wiederherstellbar. Die Besiedlung mit Bodenorganismen erfolgt rasch und damit stellt sich auch die Vogelgemeinschaft schnell wieder ein. Als Ausgleichsmaßnahmen für wasserbauliche Eingriffe sind im Bereich des Flusswatts der Elbe mehrere Wattflächen erfolgreich wiederhergestellt worden. Die Fläche im südlichen Uferbereich des Holzhafens in Hamburg war bis 2008 eingedeicht. Sie wurde als Ausgleichsmaßnahme für den Ausbau der Autobahn A1 zurückgedeicht. Durch die Verlegung des alten Deiches sind 18 Hektar Wattfläche, wichtige Rast- und Nahrungsgebiete für Arten wie Krickente, Brandgans und die seltene Löffelente, Tideauwälder und Röhrichtzonen neu entstanden. Nur dort gibt es den Schierlingswasserfenchel, eine Rarität unter den geschützten Pflanzen